… doch, denn sind wir nicht gerade alle überrascht von der digitalen Arbeitswelt in Zeiten von Corona? Der IAE e.V. schaut mit seinen Bildungsprojekten auf die Arbeitswelt der Zukunft

Arbeitswelt von Morgen“ –  Praxisbericht einer Projekttagsreihe 

Vu Van Pham und Benjamin Schumann berichten über eine Reihe an Projekttagen an der Berufsschule der VBFA in Chemnitz. Das Projekt wurde von der Promotorenstelle des IAE e.V. in Chemnitz initiiert. Herzlich danken wir dem Klub 2025, für die finanzielle Unterstützung!

Die Grundidee: Eine zukunftsfähige Arbeitswelt ist nachhaltig und durch Diversität gekennzeichnet.

Wie sieht unserer Arbeitswelt in etwa 30 Jahren aus? Dieses Gedankenexperiment stand am Beginn der Entwicklung unserer Projekttagsidee.

Die Arbeitskultur ist stark von der Wirtschaftsform und anderen Rahmenbedingungen abhängig. Unsere Grundidee besteht darin, einige bereits existierenden Krisen und Herausforderungen, wie Klimawandel, Ressourcenverknappung oder auch Digitalisierung, zugänglich zu machen. Zudem gehen wir davon aus, dass die Migration nach Europa weiterhin anhält und dementsprechend die Arbeitswelt der Zukunft durch stärkere Diversität gekennzeichnet ist. Somit ist eine – möglichst zeitige – Beschäftigung mit Rassismus und Interkulturalität dringend notwendig.

Die Herausforderungen von Morgen sind heute schon teilweise sichtbar und sie sind das Resultat der heutigen Form des Wirtschaftens. Wir gehen davon aus, dass die Arbeitswelt von Morgen noch stärker durch den Nachhaltigkeitsgedanken geprägt sein wird – ohne aber eine konkrete Wirtschaftsform vor Augen zu haben. Über diese sollten die Teilnehmer selbst nachdenken und gemeinsam ausdiskutieren.  

Somit sollten, die Schüler ihre einigen Gedanken zur Arbeitswelt der Zukunft entwickeln. Dazu fokussierten wir die konkreten Ausbildungsberufe der Teilnehmer und vermieden somit abstrakte bzw. unnahbare Ideen.

Gemischte Zielgruppe = flexibles Vorgehen

An den Projekttagen nahmen sowohl Schüler aus Berufsvorbereitungsklassen (BVJ) sowie Berufsschüler teil, die sich im ersten/zweiten Ausbildungsjahr befanden. Die Berufsschulklassen kamen zum einen aus verschiedenen holzbearbeitetenden, zum anderen aus metallbearbeitetenden Berufen.  

Wir variierten unsere Projekttage entsprechend zielgruppenspezifisch:

  1. Für die erste Gruppe entwickelten wir Formate mit dem Schwerpunkt Holzproduktion und Regenwald.
  2. Für die zweite Gruppe sollte der Schwerpunkt auf den sozialen und ökologischen Folgen der Montanindustrie liegen. Dies sollte anhand des Länderbeispiels Mongolei verdeutlicht werden.
  3. Mit den BVJ-Klassen setzen wir den Schwerpunkt etwas allgemeiner an und fokussierten uns auf das Themen Diversität in der Arbeitswelt. Bei diesem Format standen neben Informationen zu Flucht und Asyl auch die Themenkomplexe Interkulturalität und Rassismus auf der Tagesordnung.

 

Sind wir die Ufos?

Eine den Projekttag begleitende Aufsichtsperson, gab uns nach dem ersten Tag den Hinweis, wir wären Fremdkörper in den Klassen, sehr ungewohnt und daher für viele auch ein Denkanstoß. Tatsächlich fühlten wir uns teilweise wie Ufos in einer fremden Umgebung. Konnten wir so überhaupt verstanden werden?

Aber: Wir haben deutlich gemerkt, dass die Schüler Spaß an den Themen hatten und wir durch die abwechslungsreichen Stationen viel Wissen vermitteln konnten. Besonders berufsrelevante Themen, wie die Digitalisierung und die bevorstehende Arbeitswelt, erweckten großes Interesse. Die Schüler konnten die Inhalte gut auf ihre persönliche Situation übertragen und bauten so einen besseren Bezug zum Thema auf. Sie äußerten ihre frei und offen ihre Ängste sowie Hoffnungen. So verstanden sie auch, dass Digitalisierung nicht zwangsläufig mit Arbeitslosigkeit und der „Übernahme der Maschinen“ einhergeht, sondern, dass sich die Arbeitswelt und Berufe, wie es sie jetzt gibt, im Wandel befinden.

Unsere Referenten kamen aus verschiedenen Ländern und brachten ihre Perspektiven ein. Wichtig war uns, dass wir möglichst konkret und anschaulich arbeiteten. Der „Länderexkurs“ einer Referentin zu ihrem Herkunftsland Mongolei, bot nicht nur einen interessanten Einblick in eine andere Kultur, sie behandelte auch den Abbau von Rohstoffen und die Folgen der Bergbauindustrie für Ökologie und Bevölkerung. Trotz unseres „Ufo-Status“, schafften wir es, die Schüler zu erreichen. Wir brachten sie dazu, über die Verteilungsgerechtigkeit der Welt nachzudenken. Besonders bewährt hat sich dabei auch das Weltspiel, indem sich die Schüler zu den Kontinenten der Erde zuordnen und so ihre eigene Einschätzung abgeben mussten. Dort war ein deutlicher „Aha-Effekt“ spürbar, besonders als es um die globale Verteilung von Flüchtlingen ging.

Wichtig ist, dass trotz des inhaltlich dichten Programms ausreichend Zeit für Diskussion blieb. Hier zeigte sich auch, dass wir gesellschaftlich mit dem Jahr 2015 und den Folgen noch lange nicht abgeschlossen haben. Mit unserer Strategie eine globale Perspektive auf Probleme unserer Zeit zu ermöglichen, schufen wir eine Verbindung zwischen Flucht und Fluchtursachen.

 

Was konnten wir also bewirken? Wie wird es weiter gehen?

Sicherlich haben wir den Schülern Denkanstöße gegeben – dies kann jedoch nur ein Anfang sein. Nachhaltigkeit ist ein komplexes Thema und muss Schritt für Schritt umgesetzt werden. Auf der schulischen Ebene wächst die Bedeutung derartiger Projekttage bereits stetig. Aber: Das wirksame Unterstützen von Veränderung im Denken und Handeln benötigt mehr als einen singulären Impuls. Für die Fortentwicklung unserer Arbeit ist es wichtig, diese Aktivitäten nicht auf einen Tag zu begrenzen, sondern mit nachfolgenden Projekten, Kampagnen oder anderen Möglichkeiten des Engagements zu verbinden.

Ebenso gilt: Bildung für Nachhaltige Entwicklung darf nicht auf den schulischen Bereich begrenzt bleiben – auch weil die Entscheidungsträger nicht mehr die Schulbank drücken. Tatsächlich befinden wir uns mitten in einem wirtschaftlichen Wandel, welcher massiv durch soziale und ökologische Faktoren bestimmt wird. Diese sich verändernden globalen Rahmenbedingungen der Wirtschaft schaffen schon heute die Voraussetzung zum Um- bzw. zum Weiterdenken. Damit sich Wirtschaft entsprechend entwickelt müsste das Denken in Form einer „Arbeitswelt von Morgen“ auf betrieblicher Ebene entstehen. Durch unsere Promotorenstellen besteht die Möglichkeit flexible Angebote auch auf Unternehmensebene zu schaffen.